Modehändler Zalando gibt ja immer so ein Hochglanzmagazin heraus. In der Ausgabe vom Herbst 2014 lesen wir da auf Seite 73 einen Beitrag mit dem Titel "Grunge". Diese Seite und die folgenden zwei gehören zu der Art moderner Widerwärtigkeit, die man eigentlich Leichenfledderei nennen muss. Sich mit Grunge zu beschäftigen, ist bei denen ein "Trendzoom" (der erste Schlag ins Gesicht dieser Bewegung, die ja nie ein Trend sein wollte, sondern etwas sehr Ernsthaftes, Ehrliches, ja, Spirituelles). Dann zitiert man Kurt Cobain, er werde lieber gehasst für etwas, was er ist, als geliebt für etwas, was er nicht ist. Das ist dann schon eine Vergewaltigung: Ausgerechnet ihn, der die Kommerzialisierung von Kunst hasste wie der Tod, zum Kronzeugen für Modefragen zu machen! Das ist so unverschämt, so abgewichst, dagegen ist jede Nutte eine Heilige! Ungeniert zitiert man als nächste Überschrift dann "Come as you are" ... als würde es im Modebusiness um Natürlichkeit gehen! Nein, es geht natürlich darum, "wie der Trend heute interpretiert wird". Der Trend! Dass jemand Grunge einen Trend nennt, das war genau das, was Kurt fürchtete und was ihn so fertigmachte! Dann muss Zalando natürlich den Kerl erwähnen, der die erste "Grunge"-Kollektion auf den Laufsteg brachte (ich will den Namen gar nicht in den Mund nehmen). Dann müssen natürlich auch Bilder her von Kurt & Courtney. Sie seien "Sinnbilder des Grunge-Looks". Können sich ja nicht mehr wehren. Aber die Krönung ist dann am Schluss die nackte Kommerzialisierung, um die es ja eigentlich geht: Unter der Überschrift "Die Grunge-Looks der Redaktion" wird Werbung gemacht für karierte Hemden zu 55 Euro, Kleider für 160 Euro, ein Karohemd von Hill-Ficker für 90, eine Strickjacke für 80, die obligatorischen Turnschuhe für 70, und nochmal ne Strickjacke, diesmal für 150 Euren. Dass die Jungs und Mädels damals keine Kohle hatten und deswegen zerschlissene Sachen trugen, dass sie sich von Tütensuppen ernährten - wen interessiert's? Wir zahlen 90 Euro für ein Karohemd! Und jetzt wissen wir endlich, warum ein Musiker zur Schrotflinte greift - nur leider, das muss man klar sagen, hat er sie in die falsche Richtung gedreht...