Früher war es in der Kunst der deutschen Prosa üblich, zwei verschiedene inhaltliche und syntaktische Bezüge durch die Demonstrativa "dieser" und "jener" zu verdeutlichen. Das ging dann etwa so: "Wenn wir William Shakespeare mit Reiner Maria Rilke vergleichen, sehen wir: Jener war vor allem Dramatiker, dieser vor allem Lyriker." So ungefähr. "Jener" = Shakespeare, der Bezug, der im Lesefluss weiter entfernt liegt; "dieser" = Rilke, der Bezug, der im Lesefluss näher liegt. So weit, so klar.

Mittlerweile verbreitet sich aber wie eine Seuche ein einzeln verwendetes "dieser/diese/dieses", das haufenweise falsche Bezüge herstellt. Das alte Strukturmodell ist längst verlorengegangen. Das liest sich dann etwa so:

"Am Freitagnachmittag ... kam es ... zu einem Vorfall, bei dem der Fahrer eines hochmotorisierten schwarzen Mercedes ... mit rasanter Fahrweise und offenbar stark überhöhter Geschwindigkeit unterwegs war. Ein am Fahrbahnrand stehender Fußgänger bekundete lautstark seinen Unmut. Dieser wendete daraufhin sein Fahrzeug, kehrte zurück und trat an den Fußgänger heran."

Der Unmut hat also sein Fahrzeug gewendet ...

Ich fürchte, wenn ein solcher Prosaschreiber (sie gedeihen vor allem in den Amtsstuben von Polizei und Verwaltung) heute ein schönes altes deutsches Sprichwort formulieren müsste, würde es so lauten:

"Der Krug geht solange zum Brunnen,

bis dieser bricht."

 

Ich brech auch gleich. Und zwar zusammen.