Neulich habe ich in einer Radiosendung eine Frau gehört, die davon sprach, sie "umarme Diversität". Ich weiß nicht, ob das jemand verstanden hat, der kein Englisch kann. Da ich beruflich als Übersetzer arbeite, wusste ich gleich, was gemeint war: "to embrace diversity", was diese Sprecherin mit einem neumodischen Anglizismus, einer wörtlichen Übersetzung eins zu eins, wiedergeben zu müssen meinte.
To embrace diversity is a wonderful thing when you say it in English; it sounds warm and full of life. Wenn du aber sagst, du "umarmst Diversität", klingst du wie irgendein Marketing-Arsch oder Verwaltungs-Heino, der nichts anderes kann als seinen Fachjargon. Du meinst vielleicht, es klingt mega-cool, wenn du Ami-Redewendungen eins zu eins nachmachst, aber in Wahrheit zeigst du jedem, dass du überhaupt keinen eigenen Gedanken bei der Sache hast, sondern einfach nachplapperst, was jemand anders dir vorgeplappert hat. Du beweist (zweitens) mit dieser Wortwahl grade eben nicht Vielfalt, sondern reduzierst dich (und uns!) auf einen dürftigen Mode-Anglizismus. Und du zeigst jedem, dass du deine eigene Sprache nicht beherrschst und sie dir eigentlich am Arsch vorbeigeht. Du meinst vielleicht, es klingt wunder wie progressiv und cool, aber es klingt einfach nur Kacke. Wahrscheinlich hältst du das noch für innovativ und progressiv. Ist es nicht. Es ist gedankenloses Pidgin-Denglisch.
Wir haben eine großartige, wunderbar reiche, komplexe deutsche Sprache, die ich liebe und die anders arbeitet als das Englische. Weil ich diese deutsche Sprache liebe, möchte ich, wenn ich deutsch spreche, klingen wie ein guter deutscher Poet oder Prosaist, der die Sprache Goethes, Schillers, Nietzsches und Schopenhauers liebt und sich zu artikulieren weiß.
Und deshalb werde ich nie "eine Ambulanz rufen", "Komplexität navigieren" oder mich "empowern" lassen. Und ich werde nie "Diversität umarmen", sondern ich werde, in etwas altmodischem, aber genau deshalb gutem Deutsch, "offen sein für die Fülle des Lebens", "die Fülle des Lebens mit offenen Armen aufnehmen", je bunter, desto besser.
Zur bunten Fülle des Lebens gehört es aber, Kacke von Kaviar unterscheiden zu können. Und nur letzteres ist genießbar.